Regional saisonal kochen

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Dieses Buch erzählt über das Kochen in der Mecklenburgischen Schweiz, von interessanten Gesprächen über Lebensmittel und die damit verwobenen Erlebnisse und Erinnerungen. Unsere Gäste gaben uns die dazugehörenden Rezepte mit.

Ein Hauch von Weltküche in der Mecklenburgischen Schweiz

Dieses Buch erzählt über das Kochen in der Mecklenburgischen Schweiz, von interessanten Gesprächen über Lebensmittel und die damit verwobenen Erlebnisse und Erinnerungen. Unsere Gäste gaben uns die dazugehörenden Rezepte für dieses Buch mit.

Leider ist die 1. Auflage vergriffen, ABER
lesen Sie hier gerne rein oder laden Sie es sich herunter:

Erscheinungsjahr: 2022

Das Buch der Karnitzer Poetinnen und Poeten

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Das Textbuch Herkunft, wo kommst du her?  Mensch, was nun? versammelt endlich die bislang unveröffentlichten Texte der beiden Karnitzer Poetry Slams 2020 und 2022.

Das Textbuch Herkunft, wo kommst du her?  Mensch, was nun? versammelt endlich die bislang unveröffentlichten Texte der beiden Karnitzer Poetry Slams 2020 und 2022.

Die Texte begeistern durch ihre irritierende Tiefe, ihre Kraft, ihren Witz, ihre Phantasie und Sensibilität, den Umgang mit Sprache und Rhythmus und ihren Mut, auch große Themen anzupacken.

Lesen Sie hier gerne rein oder laden Sie es sich herunter oder bestellen Sie per E-mail

Bezug des Heftes gegen einen Unkostenbeitrag in Höhe von 5,00 Euro
Per Mail: info@projekthof-karnitz.de
Erscheinungsjahr: 2022

Rüdiger Schmidt spuckts aus

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entstand im Feriencamp Comic for Future 2022. Innerhalb einer Woche zeichneten die Teilnehmer*innen ein 16-seitiges Comic. Die Herausforderung war groß

Es ging – im Workcamp in Karnitz – um das Zeichnen eines Comics. Also um kulturelle Bildung. Nun ist unser genereller Ansatz der, künstlerische Kompetenzentwicklung mit Themen und Lernmethoden der Bildung für nachhaltige Entwicklung zu verbinden. Und das aus naheliegenden Gründen: Bei BNE geht es in besonderer Weise um die Entwicklung von Gestaltungskompetenzen, für das sich Vorstellen, Entwerfen und „Herstellen“ von nachhaltigen Zukünften. Das ist keine reine Kopfarbeit, das schließt Gefühle, ästhetisches Wohlbefinden und körperliches Agieren mit ein und findet genau in künstlerischen Aktionen seinen Übungsraum. Umgekehrt liefert BNE eine Vielzahl realweltlicher Themen, die hervorragend den Stoff, den Inhalt für künstlerische Darstellungen bereitstellen.

Der wesentliche Grund ist aber auf einer zweiten Ebene angesiedelt. Kulturelles Lernen ist nicht nur das Erwerben von spezifischen Darstellungskompetenzen. Ihm ist das Erzählenlernen vorgelagert; denn Gestaltungsprozesse sind ja Gestaltungen von „was“ und schließen Gründe und Zwecke ein. Es sind also Erzählungen. Erzählungen erzählen zu können, die von möglichen nachhaltigen Lebensformen handeln, ist auch entscheidender Bestandteil der BNE. Im Gegensatz zu reinen Fakten sind Erzählungen viel eher in der Lage, handlungsorientierende Vorschläge für veränderte Konsumweisen zu vermitteln. Denn sie erfassen lebensweltliche Ganzheit, alltagskulturelle Routinen und Gewohnheiten. Wir haben das Erzählen schließlich zu einer kollektiven Aufgabe gemacht: Gemeinsam nach einer Geschichte zu suchen und sie auszugestalten, lebendig zu machen – war die Herausforderung.

Die Ganzheitlichkeit war der zweite Ansatz in Karnitz: Die Verbindung von Inhalten – was bei uns  Ernährungsfragen waren, mit der Ansiedlung in einem Lernort, der nachhaltige aufgebaut ist und mit regenerativer Energie, Klärbeet und Terra Preta-verarbeitung der Küchenabfälle funktioniert, in dem die Nahrungsmittel aus dem Klimagarten kommen und zusammen zubereitet werden, mit der Zweit-Nutzung von gebrauchten Gestaltungsmaterialien. Und nun?

Comic for Future war darin ein genau passendes Ferienworkcamp. Innerhalb einer Woche zeichneten die Teilnehmer*innen ein 16-seitiges Comic mit dem Titel „Rüdiger Schmidt spuckt ́s aus“. Die Herausforderung war groß, denn es musste sowohl eine Geschichte gemeinsam erdacht, als auch in  Comic-Figuren und Handlungsverläufe dargestellt werden. Zudem war es nötig, sich detaillierter über den Zusammenhang von Klimawandel und Ernährung kundig zu machen. Und so war auch der Einstieg: Erzählwerkstatt und Klimarunde mit Dr. Joachim Borner. Es folgte das Gestalten. Gezeichnet wurde in einem Zeichner*innen Kollektiv, d.h. alle waren an allen Prozessen beteiligt, jede*r brachte sich mit ihren/seinen Fähigkeiten ein. Im Anschluss an die Auseinandersetzung mit dem Klimawandel wurde das Thema im Comic wieder aufgegriffen. In der Geschichte droht eine Klimakatastrophe, die auf originelle Art und fast zufällig abgewendet wird.

Das Comic entstand im Prozess. Zunächst wurden in Jam-Sessions Charaktere entwickelt. Eine Auswahl wurden erneut gezeichnet, weiter entwickelt und so zu eine Grundlage der Geschichte. Gezeichnet wurde mit Buntstiften in den Grundfarben, Fineliner und Bleistift. Ziele: Der Workshop baute auf das gemeinsame Arbeiten und Austauschen. Es war in allen Prozessen wichtig, sich abzustimmen, zusammen zu arbeiten, die eigene Arbeit und die der anderen zu respektieren und Kompromisse zu finden. Dies ist während der gesamten Woche gelungen. Ein weiteres Ziel war es, sich auf das Thema Klimakrise und allem was damit persönlich verbunden ist, einzulassen: kreativ und konstruktiv. Auch das ist gelungen. Denn zu den Malzeiten wurde gemeinsam gekocht und zum Ende der Woche wurde Zuchini, Mangold und Tomate mit Begeisterung und mit Professionalität zubereitet – nicht mehr nur Fleisch.

Kontakt
info@projekthof-karnitz.de

Laufzeit: 06- 08/2022
Gefördert durch Mittel des BMBF im Rahmen von Kultur macht stark – Bündnisse für Bildung – Wir können Kunst -BBK – Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler e.V.

Junge Mecklenburgische Schweiz: Von wegen keine Perspektive!

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Übliche Sprüche: „Die Jugend im Osten hat keine Perspektiven? Keine Ideen? Sie will einfach nur weg?“

Von wegen! Die „Jungen Mecklenburgischen Schweizer“, ein Zusammenschluss von Jugendlichen, denkt nach über ihre Zukunft in der alten oder neuen Heimat. Das Ergebnis: Es ist alles da – Visionen, Ideen, Wünsche, Pläne. Doch die Frage ist: Wer will das hören?

Bleiben, Gehen, Wiederkommen oder Herkommen – das sind die Alternativen, vor denen die Jugendlichen stehen. Und angesichts der Angebote für eine sinnvolle Beschäftigung – ob Arbeit oder Freizeit – fällt die Entscheidung nicht leicht. Doch wie viel Potenzial geht der Region verloren, wenn immer mehr Jugendliche ihr den Rücken kehren müssen? Wer, wenn nicht sie, sollten die Zukunft der Mecklenburgischen Schweiz gestalten? Der Projekthof Karnitz stellt dem jungen Think Tank deshalb Räume und fachliche Begleitung zur Verfügung und hat sich in mehreren Projektanträgen auch um eine finanzielle Unterstützung bemüht.

Bäume pflanzen und abends ins Konzert
Bereits mehrfach hat sich die Gruppe im Projekthaus Karnitz oder online getroffen; selbstorganisiert, versteht sich. Thema des ersten Treffens, das im Oktober 2020 stattfand, war ein idealer Tag in der Mecklenburgischen Schweiz: zum Frühstück Obst und Gemüse aus dem Garten ernten, die Aussicht über die wiederbewaldeten Hügel genießen, die Kinder mit Bus und Bahn in den Waldkindergarten fahren lassen, zur Arbeit gehen – aber nicht mehr als 35 Stunden in der Woche. Damit Zeit bleibt zum gemeinschaftlichen Bäumepflanzen und zur Arbeit an der Wiedervernässung der Moore. Abends geht es zu einem Kulturabend mit Theater oder Konzert nach Karnitz oder zu den Moorbauern. Es geht um sinnvolle Arbeit, eine gute Infrastruktur, um Klimaschutz, Kultur und Gemeinschaft – um alles, was Mecklenburg-Vorpommern den Jugendlichen derzeit kaum bieten kann.

Beim zweiten Treffen im November 2020 wurde es dann konkret: Was ist besonders wichtig, wenn die Jugendlichen hierbleiben, hierher zurückkommen oder zum ersten Mal hierherziehen wollen? Themen waren sinnvolle und nachhaltige Arbeitsplätze und Geschäftsideen und das Sichtbarmachen von bereits bestehenden Angeboten; nachhaltige Verkehrskonzepte, das Wiederaufnehmen von stillgelegten Bahnverbindungen oder das Einrichten von Sammeltaxen; das Stärken und den Ausbau des Vereinswesens und den Erhalt von Kinos und Orten, um sich zu treffen. Doch wie können die Ideen umgesetzt werden? Viele der Jugendlichen haben die Erfahrung gemacht, dass sich Politik und Verwaltung taub stellen, wenn es um die Bedürfnisse junger Menschen geht.

Jetzt sind die Handlungsfelder definiert, Arbeitsgruppen und Verantwortlichkeiten stehen, und regelmäßig treffen sich die Jugendlichen zu einem Austausch, online oder persönlich. Um weiter an den Visionen zu arbeiten und sich lokalpolitisch zu engagieren. Selbstwirksamkeit ist hier das Stichwort. Auch wird diskutiert, inwieweit das Junge Mecklenburg-Vorpommern in die Projekte und Aktivitäten des Projekthof Karnitz eingebunden werden kann. Denn klar ist: Es geht nur gemeinsam und in neuen Strukturen.

Kontakt:
Projekthof Karnitz, Tel.: 03995 621307, info@projekthof-karnitz.de

Von Brennnesseln und Kapitalismuskritik: Das Jugendkreativfestival

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Lernformat Festival – Suche nach Lernarrangements für informelles, transformatives Lernen

Den Kapitalismus kritisieren, schnell einen eigenen Rap-Song komponieren, frische Wildkräuter sammeln, über Diversität diskutieren, kurz ein paar Stammtisch-Parolen kontern und dann gemeinsam einen Kichererbsen-Salat essen – das hört sich nach einem rundum gelungenen Tag an. Und das fanden auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer z.B. des letzten Jugendkreativfestivals, das am 18. und 19. September 2021 auf dem Projekthof Karnitz stattfand – bereits zum sechsten Mal! Das Thema: Die Gesellschaft von morgen heute gestalten. Ca. 60 Jugendliche kamen nach Karnitz, um gemeinsam zu überlegen, zu diskutieren, zu singen, zu schreiben, zu filmen, zu essen – und nicht zuletzt, um die Band Brass Riot aus Berlin zu hören.

In diesem Jahr ist das Festival am 1. Juli. Das Besondere: Es wird nicht von dem „traditionellen“ Team vorbereitet, sondern von Jugendlichen des Malchiner Gymnasiums, die das als forschendes Lernen innerhalb des Schulprogramms umsetzen. Karnitz hat die Trägerschaft übernommen und begleitet den Lernprozess.

Die Themen der alljährlichen Festivals sind bunt, zeitgemäß, kritisch: Youth Generation – Change Generation (2015), Mensch ist anders, Mensch ist gleich (2017), Demokratisch, ökologisch, zukunftsfähig (2018) oder Das geht besser, das muss besser gehen! (2020). Wichtig ist nur, dass sie von den Jugendlichen selbst kommen – wie überhaupt das gesamte Konzept der Veranstaltung. Denn das ist das Besondere an den Jugendkreativfestivals: Sie werden von den Jugendlichen selbst geplant, organisiert, durchgeführt und ausgewertet. Das macht nicht nur mehr Spaß, sondern vermittelt ihnen auch etwas sehr Wichtiges: wie viel sie gemeinsam bewegen können.

Erst die Arbeit …
Drei bis vier Monate dauert die Planung und Vorbereitung des Festivals, die von einem Jugendkongress (JuKo) übernommen wird. Die Jugendlichen, die in diesem Arbeitsteam mitwirken, können in dieser Zeit eine Menge lernen, etwa Teamarbeit, Zeitmanagement oder organisatorische Fähigkeiten. Unterstützt werden sie von erfahrenen Erwachsenen, in unserem Fall von den Mitarbeiter*innen des Projekthofs Karnitz, die Routine-Tätigkeiten wie die Abrechnung übernehmen. Entscheiden dürfen sie aber nichts.

Zuerst entwickeln die Jugendlichen in einem Brainstorming Zielgruppe und Jahresthema, anschließend werden Ort und Zeit festgelegt, und dann geht es an die Finanzen: Alle Kosten – von dem Werbeflyer über die Anreise der Referent*innen bis zum Buffet – werden kalkuliert und eine Förderung beantragt. Bei der Programmgestaltung ist eine gute Balance zwischen Input und Kreativität, Arbeit und Pausen wichtig, und für die passenden Referent*innen wird das eigene Netzwerk genutzt. Die Presse ansprechen, eine visuelle Identität entwickeln, eine Webseite einrichten, Multiplikatoren und Sponsoren finden – nach dem Festival sind das für die Jugendlichen keine Fremdwörter mehr.

… und dann!
Dann ist es da, das Festival. Essen zubereiten, Gäste abholen, Workshops einrichten, Fotos machen, aufräumen, Probleme lösen, Technik prüfen, mit den Gästen sprechen. Das alles gehört dazu, damit die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Festivals sich wohl fühlen und genau das tun können, wofür sie gekommen sind: gemeinsam überlegen, wo und wie Jugendliche sich engagieren können, damit die Welt, in der wir leben, doch noch eine Zukunft hat.

… und dann?

Bildungsforschung in BNE! Gemeinsam mit Partnereinrichtungen aus Frankreich, Bulgarien und Griechenland bereitet das KMGNE ein Bildungsforschungsprojekt vor, das die Erfahrungen aus Karnitz aufnimmt. Geforscht wird zu informellen Lernarrangements für Klimakulturen – Format Festival.

Internationale Sommeruniversität 2022

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Transmediales Storytelling – Die „große Erzählung“ der Klima-Metamorphosen

Wir stecken in lauter Erzählungen, Bildern, Metaphern, Symbolen, die uns vermitteln können, wie sich unsere heutige Weltsicht entwickelt hat und welche Alternativen es jeweils vielleicht gegeben hätte. Kollektives Gedächtnis, Diskurse, mentale Infrastrukturen, Narrative, Welt-Anschauungen, Erbe – diese Konzepte versuchen das zu fassen. Daraus leiteten dann unsere Vorfahren und daraus leiten wir selbst entsprechendes Handeln ab. Diese Erzählungen sind in vielen Formen und Medien aufgehoben: in Gebrauchsgegenständen, Technik, Architektur und Städtebau, in Landwirtschaft, landschaftlichen Strukturen, Objekten, Artefakten, Visualisierungen, medialen Repräsentationen und Kunstwerken. Doch werden sie in den bestehenden Diskursen zur Gestaltung des Wandels zu wenig thematisiert.

Die Leitfragen der Sommeruniversität 2022 lauten deshalb: „Was können wir von diesen Dingen über uns und unsere Vorstellungen – im Hinblick auf den Epochenwandel – lernen? Wie können wir uns diese Geschichten gegenseitig erzählen? Wie sie verstehen? Welches Handeln im Umbruch leitet sich daraus ab, welches Repertoire an Möglichkeiten haben wir?“

Die Sommeruniversität ist ein Blended Learning. Sie beginnt virtuell am 20. Juni 2022 über die Plattform IVANE und führt zur Präsenz in Karnitz (MV) vom 21. August – 3. September 2022. Die zweite E-Learningphase geht bis Dezember mit einem Abschluss in Santiago de Chile (hybrid). Da die Einladungen an Menschen in Chile, Ecuador, Mexico, Spanien, Südafrika, Kenia, Ghana, Kamerun, Kongo (K), Griechenland und Deutschland geht, sind die Arbeitssprachen deutsch, englisch, spanisch (französisch) – und werden übersetzt.

Die Sommeruniversität korrespondiert mit der Summer School EVC der documenta fifteen/Camp of education, ARW-Afrika und NIDAS der Universidad Academia/Santiago de Chile.

Eingeladen sind junge Wissenschaftler*innen, Künstler*innen, Aktivist*innen und Praktiker*innen aus dem breiten Feld von Transformation und Umbrüchen im breiten Verständnis nachhaltiger Entwicklung. Da die Zahl der möglichen Teilnehmenden begrenzt ist, bitten wir um ein kurzes Bewerbungsschreiben, in dem neben der Selbstvorstellung und des Bewerbungsgrundes auch die Expertise im Themenfeld beschrieben wird.

Den Flyer stellen wir Ihnen hier  zur Verfügung.

Bis 31. Mai bieten wir einen Frühbucherrabatt von 20% auf die Teilnahmegebühr an.

Die Anmeldung ist bis zum 19. Juni auf der Webseite des CCCLab möglich.
Dort finden Sie auch alle weiteren Informationen.

Stipendien können begründet gewährt werden

 

1h pour se parler – Miteinander statt übereinander (reden)

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Vom 3. bis 9. August empfing das Team der KMGNE im Projekthof Karnitz die deutsch-französische Theatergruppe „Derzeit Dispo“. Die drei jungen Schauspieler*innen hatten 2020 im Sommer, während einer Residenz in Frankreich, ihr erstes Theaterstück „1h pour se parler – Miteinander statt übereinander (reden)“ geschrieben und entwickelt. Da der größte Anteil der Texte auf Französisch war, musste der Stück für das Deutsche Publikum übersetzt und ein bisschen adaptiert werden. Und aus diesem Grund haben sich Cyrielle Clère, Richard Bartl und Lydia Böhmert an die Arbeit gemacht. In der großen Karnitzer Halle sowie beim guten Wetter auf unserer Sommertheaterbühne fand diese Arbeit statt. Sie kamen bei den Mahlzeiten ins Gespräch mit Ehrenamtlicher*innen, WWOOFer*innen und Mitarbeiter*innen des Projekthofs und ließen sie sich von dem ländlichen Raum begeistern und inspirieren.

Am 07.08 konnte Derzeit Dispo für die jungen ehrenamtlichen Organisator*innen des Jugendkreativfestivals eine Generalprobe aufführen und bekamen sehr positive Rückmeldung. Das Publikum  der Generalprobee  war von dem Stück und den Schauspieler*innen sehr beeindruckt und positiv überrascht. Da das Werk sich um Ausgrenzung und Diskriminierung dreht, wurden schwierige Themen angesprochen, in eindrucksvoller,  sehr genauen, scharfsinnigen und manchmal humorvollen Art und Weise.

Am nächsten Tag fand die Aufführung statt. Es kamen ca. 30 Zuschauer*innen zu uns nach Karnitz, von allen Generationen her.

Das Stück wurde sehr warm aufgenommen und es kam für die jungen Schauspieler*innen viel Lob. Das Publikum war auch sofort für den anschließenden Workshop und die Diskussion motiviert. Mit der Hilfe von Moderationskarten fragte ersteinmal die Theatergruppe die Anwesenden, was das Stück bei ihnen ausgelöst hätte. Die ausgedrückten Gefühle waren dabei sehr ambivalent: auf einer Karte standen „Lächeln“ und „Trauer“ sowie „Nachdenken über mögliche Geschichten anderer Menschen“ nebeneinander oder „Verständnis für Täter von Ausgrenzung“ mit „Trauer, Mitleid“. Viele Karten hatten auch nur positive Botschaften: „Verständnis für die verschiedenen Lebensgeschichten“: „Mir wurde bewusst, dass jeder von uns sein Kindheitstrauma mit sich trägt, dass es im weiteren Leben zu überwinden gilt. (Entwicklungsprozess!)“, „Blick über den Tellerrand 😊“, „Vorsicht bei Schubladen denken“. Zwei Zuschauer*innen haben auch negative Emotionen bei den Stück empfunden: „Wut“ und „Betroffenheit“. Eine Zuschauerin erzählte, dass sie mehrere Aspekte aus ihrem Leben in dem Stück wieder gesehen hatte, daher die Wut. Allerdings fand sie das Stück als Bildungsmaterial ganz wichtig. Als Organisator*innen und Künstler*innen waren wir sehr dankbar für diese Mitteilung einer persönlichen Lebenserfahrung.

Zweitens wurden die Teilnehmenden gefragt, was sie von den Stück mitnehmen. Überwiegend waren Antworte wie „dass es besser ist, die Dinge zu klären und sich auszusprechen => führt sonst zu nichts“ „warten, bevor Urteil!“ „Toleranz => Verhalten, andere nicht zu werten, sondern zu hinterfragen“, „besser zuhören, die Sprache des anderen verstehen“, „Den Wunsch, jeden Menschen möglichst unvoreingenommen begegnen zu können (eigenes Bild machen)“, „Vorsicht, aus der Opfervolle nicht meine Täterschaft zu rechtfertigen“. Durch Antworte wie „Zuversicht“, „Mut, meinen eigenen Weg zu gehen“, „Sensibilität für verschiedene Arten der Ausgrenzung“ und „Noch mehr aufklären!“ wurde uns bewusst, dass das Publikum durch das Stück zu viel Selbstreflexion gebracht wurde, wie diese Antwort das zeigt: „Jeder ist seines Glückes Schmied. Will heißen, nicht die Erwartungen der Gesellschaft zu erfüllen, sondern die innere Bewusstheit zu finden und nicht den Applaus im Äußerem zu suchen“.

Alle Zuschauer*innen wurden dann eingeladen, über Momente in dem Stück, die das Thema „Miteinander statt übereinander“ direkt angesprochen hatte, zu reflektieren. „Der Titel war sehr passend!“ schrieb eine Teilnehmende. Für viele war es klar, dass die Figuren des Stückes kein richtiges Miteinander geschafft haben: „Das Miteinander von Nadim und Coco gegen die Tattoo-Künstlerin“, „Das „Miteinander“ war gleichzeitig immer ein „übereinander“ „, „Habe das übereinander viel gesehen – von Miteinander bleibt mehrheitlich die Aufforderung“. Einige konnte aber das Positive an dem Stück sehen: „Echtes Miteinander: letzte Szene: Das LIED“ und „Ashley initiiert die Begegnung/Aussprache“.

Die Reflektionen und Anmerkungen waren zahlreich und nach dem Workshop konnten alle Teilnehmenden die Impulse und Ideen der Anderen kommentieren und sich austauschen.

Derzeit Dispo besteht aus 3 Mitglieder*innen: Cyrielle Clère aus Besançon (Frankreich), Lehramt Studierende an der Uni Leipzig (Französisch und Deutsch), Lydia Böhmert aus Erfurt, Schauspielerin in der Region von Lyon und Grenoble und Richard Bartl aus Halberstadt, Französisch und Deutsch Lehrer in Leipzig. Die drei haben sich an der Uni Lyon kennen gelernt, im Rahmen eines Theater Kurses. Wir haben sie zu dem Stück, der Residenz und das Konzept des Miteinander Reden interviewt.

Wie seid ihr auf die Idee für das Szenario des Stückes gekommen?

Ly: Durchs Miteinander-Reden & durchs Miteinander-Proben… Das Szenario entstand auf ganz organische Art und Weise. Wir haben uns schnell auf drei Figuren geeinigt, die miteinander in Kontakt treten, ohne wirklich einander zuzuhören, die aber eben auch zwangsläufig ihre eigenen Lebensgeschichten haben… Unsere Figuren sind Gefangene ihrer eigenen Sicht auf die Welt – ähnlich, wie wir das zum Teil auch von uns selbst (also ich von mir selbst in bestimmten Situationen; ich will nicht für meine MitstreiterInnen reden…;-)) oder von Mitmenschen kennen…

Wir haben außerdem versucht, unbewusste Gesprächsmechanismen, die wir aus unserem Alltag kennen (sich mitten im Satz unterbrechen, um sich über den “lahmen Autofahrer” vor uns aufzuregen, um den heißen Brei herumreden etc.) bewusst ins Szenario einzubauen, um die Absurdität gewisser Rede- und Denkgewohnheiten deutlich zu machen. (Aber das sind eher Stilmittel, die sich uns im Laufe des Schreibprozesses offenbart haben und die wir, wenn wir sie einmal erkannt hatten, wiederholt eingebaut haben, um dem ernsten Thema ein wenig Humor zu verleihen.)

Ri: Wenn ich darüber nachdenke, ist es gar nicht so einfach, Menschen miteinander in Kontakt kommen zu lassen, die sich de facto voneinander abgrenzen und bewusst Gespräche miteinander meiden. Es galt also, eine Situation zu finden, die es drei Figuren, die einander fremd sind, ermöglichte, sich zu begegnen. In den gemeinsamen Gesprächen mit Cyrielle und Lydia sind wir, nachdem wir erste Ideen für die Figuren gefunden haben, eher assoziativ vorgegangen, um eine stimmige Handlung zu finden.

Wie sieht euer kreativer Prozess aus?

Ly: Wir haben uns vor den jeweiligen Theaterresidenzen mehrmals über Zoom getroffen, uns sehr viel über unser Leben, über zwischenmenschliche Beziehungen und über aktuelle Themen ausgetauscht, Themen, die uns interessieren oder auch wütend machen. Wut und Traurigkeit über bestimmte mediale Ereignisse und gesellschaftliche Entwicklungen waren generell ein treibender Motor bei der Arbeit. Dabei sind wir darauf gestoßen, dass es Ausgrenzung an unglaublich vielen Stellen im Leben gibt und dass wir selbst nicht davor gefeit sind, andere auszugrenzen. Meist geschieht das unbewusst. Über das Teilen persönlicher Erfahrungen, aber auch von Texten (Theater- und Prosa-, aber auch Sachliteratur), die uns inspiriert haben, begannen wir drauf loszuschreiben. Cyrielle hat die erste Szene der ersten Version des Stückes geschrieben – die, in der damals Jean-Bénédicte, heute Nadim, „um den heißen Brei redet“…diese Szene hat uns so sehr inspiriert, dass darauf aufbauend die weiteren Dialoge und schließlich das gesamte Stück entstanden sind. Aber in den Dialogen sieht man nur das, was die drei Figuren von sich preisgeben wollen; wir wollten aber wissen, wo ihre Abneigung anderen gegenüber herkommt – aus der eigenen Biographie…also begannen wir, auch Monologe zu schreiben…

Aber es sollten ja auch deutsch-französische Figuren werden; sie brauchten also deutsch-französische Biographien… also begannen wir uns zu überlegen, was die Figuren jeweils ins Nachbarland getrieben hat und was das Nachbarland für sie bedeutete…wir schrieben, improvisierten, verwarfen… und so entstand nach und nach – Stück für Stück – das Stück… 😉

Ri: Hinzufügen möchte ich, dass das kreative Schaffen mit Lydia und Cyrielle kein nahtloses Ineinanderübergehen einer Idee in die nächste ist, bei dem die Ideen problemlos miteinander verzahnen. Das Improvisieren und Verwerfen, das assoziativ-intuitive Vorgehen im Miteinander sind für mich zentrale Elemente des kreativen Schaffens in Derzeit Dispo. Ich denke, wir haben zu dritt ein sehr gutes Gespür dafür, wann eine Szene, ein Übergang oder eine Figur stimmig ist und wann nicht. Das Verwerfen von Ideen für neue Stimmigere erfolgte dabei sehr harmonisch, ohne dass man sich vor den Kopf gestoßen fühlt. Das schätze ich sehr an dieser gemeinsamen Arbeit, die mich letztlich beflügelt.

Was mögt ihr am meisten an euren Figuren?

Ly: An Coco mag ich sehr ihre Entschlossenheit und ihren Fokus darauf, was für sie im Leben zählt. Ihre Feindbilder erklären sich durch ihre Erfahrungen im Leben, diese Erfahrungen, vor allem ihre schwierige Kindheit, lassen mich Empathie für sie empfinden. Doch sie ist eben leider auch eine Gefangene ihrer Feindbilder und das tut ihr nicht gut…und ihrer Umgebung auch nicht.

Cy: Was ich an Ashley mag, ist ihre Bitterkeit: bis zum Ende des Stückes ist die Figur Ashley für das Publikum ein Mysterium, da sie wenig zu Wort kommen kann und sich in den Dialogen wenig beteiligt. Sie spielt eine Schlüsselrolle, ohne von sich selbst zu reden. In der allerletzten Szene entschleiert sich ihre Vergangenheit und diese tiefe Bitterkeit, die sie mit sich trägt und durch die sie die Welt betrachtet. Sie fühlt sich durch und durch unverstanden, und das wird im Stück noch einmal bestätigt.

Ri: Nadim wird für mich dadurch charmant, dass er eine Figur ist, die für die Zuschauer*innen zunächst wenig greifbar ist. Im Dialog zwischen Coco und Ashley steht er im Fokus und kommt nicht zu Wort, im Eingangsdialog mit Coco und Ashley bezieht er weit gehemmter als Coco Position und in seinem ersten Auftritt mit Ashley, in dem er endlich das Wort ergreift, sagt er mit vielen Worten sehr wenig. Seine Unentschiedenheit zieht sich durch das gesamte Stück und ist vermutlich Ausdruck eines falsch verstandenen Bedürfnisses, es allen Recht zu machen. Dieses Verhältnis macht ihn für mich zu einer interessanten Figur.

Was ist, eurer Meinung nach, die wichtigste Botschaft des Stückes?

Ly: Dass wir umso besser miteinander auskommen, wenn wir statt Hass Liebe säen, wenn wir einander mit Respekt und auf Augenhöhe begegnen, statt uns von unseren Vorurteilen blenden zu lassen… und dass das “Schlechte-Reden-über-Andere” unglaublich viele negative Energien freisetzt… Also lasst uns sofort damit anfangen, positiv übereinander zu reden – wenn wir schon übereinander reden !! Ansonsten halt einfach gleich MITeinander – aber ganz vorurteilsfrei ! 🙂

Cy: Für mich ist die wichtigste Botschaft (in Anschluss an Lydias Beitrag) dass wir alle mit unserer eigenen Geschichte durch die Welt gehen und dass es uns in unserer Weltanschauung, in unseren Werten und Prioritäten eindeutig prägt. Es kann Vieles an unseren Reaktionen und Gedanken erklären. Es kann nicht alles entschuldigen und bestimmte Verhaltensweisen sind inakzeptabel – aber allein durch das Miteinanderreden können wir zu einem besseren, vorurteilsfreien, respektvollen Miteinanderleben beitragen.

Ri: Ich mag an “Miteinander statt übereinander – 1h pour se parler” sehr, dass das Stück nicht eindeutig gelesen werden kann. Fragen nach richtig und falsch sind vielleicht nicht die passenden in einer Welt, in der Menschen mit ihren eigenen komplexen Geschichte aufeinandertreffen. Das führt bei den Zuschauer*innen dazu, dass eigene Ausgrenzungserfahrungen, die aktiv oder passiv erlebt werden, in den Fokus des Interesses rücken. Das Stück erlaubt es, sich selbst und seinen bisherigen Umgang miteinander kritisch vor Augen zu führen. Darin steckt für mich großes Potenzial.

Was habt ihr von eurer Residenz in Karnitz mitgenommen?

Ly: viele inspirierende Momente, viel Menschlichkeit und die Zuversicht, dass ein wirkliches Miteinander auf Augenhöhe und im gegenseitigem Respekt möglich ist.

Cy: eine gewisse Wärme und eine Ruhe, die mir erlaubt hat, mich für eine Woche auf das Wichtigste zu konzentrieren und den Rest auszuschalten.

Ri: einen Wohlklang in mir und einen Einklang mit den Menschen vor Ort. Es war ein sehr harmonisches und inspirierendes Miteinander.

Warum sind Workshops und Diskussionen im Anschluss zu eurem Stück wichtig?

Ly: Weil es uns darum geht, dass die Botschaft des Stückes keine abstrakte bleibt, sondern weil wir die ZuschauerInnen dazu anregen wollen, das Miteinander Reden, das Einander Zuhören und das Einander Respektieren direkt im Anschluss auszuprobieren. Das Stück soll dazu anregen, über unsere eigene Gesprächskultur zu reflektieren; doch statt nur darüber nachzudenken, kann man sich gleich im Dialog üben.

Cy: Darüber hinaus ist man allein oft überzeugt, man wäre vorurteilsfrei, offen und respektvoll. Das sollte man aber an dem echten Gespräch überprüfen: Wie trete ich Fremden gegenüber? Was tendiere ich zu überinterpretieren? Womit kann ich mich identifizieren und womit nicht? Ich halte mich für x und y, aber stimmt das wirklich? Dafür sind Diskussionen und Workshops da, und selbst wir nehmen viel daraus mit – wir halten uns keineswegs für Alleswisser, die eine absolute Wahrheit über die Welt vermitteln würden…

Ri: Die Workshops und Diskussionen sind für mich so wichtig, weil sie die Möglichkeit der Selbstreflexion bieten. Mir ist es wichtig, dass Zuschauer*innen nicht nur aus dem Stück gehen und sich wohl unterhalten fühlten, den Eindruck hatten, etwas Gutes getan zu haben, da sie an einem kulturellen Ereignis teilgenommen haben, sondern sich tatsächlich in Frage stellen. Wenn es unsere Absicht ist, ein respektvolles Miteinander zu ermöglichen, dass Divergenzen und Differenzen aushält, dann ist es notwendig, Zeit für die Selbstbegegnung einzuräumen.

Was habt ihr von dem Workshop/Diskussion anschließend des Stückes mitgenommen?

Ly: …dass das Miteinanderreden und das Einanderzuhören ein Prozess ist, der lange eingeübt werden muss und dass allein die aus dem Stück gewonnenen Erkenntnisse nur ein kleiner Anfang sein können, an der eigenen jahrelang eingeübten Gesprächskultur etwas zu ändern…

Aber es war auch unglaublich inspirierend, ein Publikum, das aus so vielen Generationen bestand, dabei begleiten zu dürfen, miteinander ins Gespräch zu kommen!

Cy: Mir hat es auch bestätigt, dass unsere Botschaft tatsächlich durch das Stück übermittelt wird. Das ist für mich ein gutes Zeichen, denn das bedeutet, dass wir es geschafft haben, eine adäquate künstlerische Form zu unserer Botschaft zu gestalten!

Ri: Mich hat es berührt zu sehen, dass sich Menschen einander öffnen, höchst private und intime Geschichten teilen, nachdem sie unser Stück gesehen haben, ohne die anderen Anwesenden zu kennen. Dies heißt für mich, dass das Stück eine Grundlage dafür bietet, dass Menschen mit sich selbst und dadurch mit anderen in Kontakt treten.

Was sind die größten Unterschiede zwischen beiden Versionen des Stückes?

Ly: Aus der Figur des erzkatholischen Jean-Bénédicte, dessen traditionelles Rollenbild der Geschlechter eher etwas amüsant Rückwärtsgewandtes hatte, wurde der zum Islam konvertierte Nadim, eine etwas vielschichtigere und weniger burleske Figur.

Cy: Die Figur Coco hat auch ein viel detaillierte Hintergrundsgeschichte erhalten, was vieles an ihrem Verhalten erklären kann. Ashley hat darüber hinaus eine neue Funktion im Stück bekommen, nämlich die “Erzählerin”, die eine logischere Überbrückung von Szene zu Szene ermöglicht.

Ri: Sprachlich ist die neue Version des Stückes ausgeglichener in seinen französischen und deutschen Anteilen. Zudem haben wir eine gute Form gefunden, Szenenausschnitte in der jeweiligen Fremdsprache so darzustellen, dass es von einem Publikum verstanden werden kann, dass wenig bis keine Erfahrung in der Fremdsprache hat.

Was bringt uns das Miteinanderreden?

Ly: Verständnis füreinander und die Möglichkeit eines Perspektivwechsels / die Entwicklung von Empathie.

Cy: Es bringt Ansporn dazu, für eine bessere Welt zu kämpfen, in der jede*r mit Respekt, Würde und Autonomie leben kann.

Ri: Es schafft einen Begegnungsraum unterschiedlichster Menschen, die einander in dem wiedererkennen, was ihnen allen einig ist – ihre Menschlichkeit.

Kontakt
Oceané Gobin

Poetry Slam „Heimat geht nur zusammen“ gestartet

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Das ist ein Aufruf an alle Poetry Slammer*innen der Mecklenburgischen Schweiz und darüber hinaus. Am 25. September 2021 um 19 Uhr wartet bei uns in der Kunsthalle auf dem Projekthof Karnitz unsere Bühne auf dich. Eingebettet in eine bunt gemischte Riege aus Jung- und Alt-Slammer*innen kannst du deine selbstgeschriebenen Texte zum Besten geben, um dich mit den anderen Mecklenburger Poet*innen zu messen.

Poetry Slam ist ein literarischer Wettstreit, bei dem selbstverfasste Texte zu verschiedensten Themen innerhalb einer bestimmten Zeit vorgetragen werden. Die Zuhörer*innen bewerten und küren anschließend die Sieger*innen.

Wir suchen Euch; Dichter*innen und Songschreiber*innen jeder Altersgruppe, jeder Berufsgruppe, jeder Haar- und Augenfarbe, Solokünstler*innen oder Bands, Menschen wie du und ich, Menschen, die was zu sagen haben.

Bist du vielleicht eine Person, die sich für unseren Landstrich stark macht, eine Ode widmet, deinen Frust über das Deutsche-Bahnnetz in M-V durch ein paar Agro-Rapzeilen zum Ausdruck bringen will oder ein Gedicht über die Moorlandschaften am Kummerower See verfasst? Dann bist du bei uns mehr als willkommen, denn das Thema 2021 ist „Heimat geht nur zusammen“. Erzähl uns alles!

Wenn du dich jetzt angesprochen fühlst, aber denkst: „wie soll ich denn meine Idee in einen Lesetext oder Song verarbeiten?“, dann bist du herzlich eingeladen am 26. Juli von 17 bis 20 Uhr an unserer Schreibwerkstatt auf dem Projekthof Karnitz teilzunehmen. Dort kannst du zusammen mit erfahrenen Autor*innen und Songschreiber*innen nicht nur üben, Texte zu schreiben sondern auch an deinem perfekten Bühnenauftritt feilen.

Und es gibt einen Zusatzgewinn: Die besten Talente des Poetry Slams gehen nach dem Wettstreit noch auf Tournee durch die Region.´

Kontakt und Anmeldungen
Susan Ihlenfeld

Diesen Wettstreit unterstützt der Heimatverband Mecklenburg-Vorpommern.

Zur Playlist Poetry Slam Mecklenburgische Schweiz 2020

Widerstand in der Gegenwart: Irmela Mensah-Schramm

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Seit mehr als 35 Jahren entfernt Irmela Mensah-Schramm deutschlandweit rechtsradikale Hass-Botschaften aus dem öffentlichen Raum. Ihre Arbeit dokumentiert sie akribisch. In mehr als 120 schweren Aktenordnern sammelte die 75-jährige Berlinerin Tausende Sticker und Graffiti, die nicht nur einen Rückblick in die „Baseballschlägerjahre“ der Nachwendezeit liefern, sondern auch die Neuzeit abbilden.

„Die Notizen von Mensah-Schramm sind ein Stück Zeitgeschichte“, schrieb DER SPIEGEL, welcher der ruhelosen Aktivistin im Februar diesen Jahres einen mehrseitigen Artikel widmete. „Sie zeigen nicht nur, wie allgegenwärtig der Rassismus in Deutschland ist, sondern auch, wie viele daran achtlos vorbeilaufen.“

„Begonnen hat es damals mit einem Schlüsselerlebnis“, erzählt Irmela in einem Interview mit Jan Tessin, der die Dame Anfang Mai in Malchin für den städtischen Radiosender interviewen durfte. „Vor ca. 35 Jahren entdeckte ich einen Sticker an der Bushaltestelle vor unserem Haus. Darauf stand ‚Freiheit für Rudolf Heß!‘. Ich wusste natürlich, wer Heß war. Hitlers Stellvertreter. Diesen Aufkleber habe ich dann irgendwann nach Dienstschluss abgekratzt und hatte dabei ein irre gutes Gefühl. Jetzt ist er weg, der geistige Dreck, ging mir durch den Kopf. Und ich dachte: Wenn du das nicht tust, wer tut es dann? Mit Nichtstun kann man schließlich nichts erreichen.“

Rudolf Heß – Hitlers Stellvertreter – lebte damals noch und war nur wenige Kilometer entfernt im Spandauer Kriegsverbrechergefängnis inhaftiert. Er war einer von vierundzwanzig Angeklagten im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. Heß wurde im Oktober 1946 in zwei von vier Anklagepunkten schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt. 1987 starb Heß im Kriegsverbrechergefängnis Spandau durch Suizid. Neonazis aus ganz Deutschland verehren den Kriegsverbrecher bis heute wie einen Märtyrer. Das Heß-Konterfei findet sich auch heutzutage immer wieder auf Stickern im öffentlichen Raum.

Irmela lebt mit ihren beiden Katzen in einer gemütlichen Dachgeschosswohnung im Südwesten Berlins. Sie ist mittlerweile 75 Jahre alt, aber immer noch rastlos. Ihr herzliches, freundliches Wesen vereinnahmt die Menschen, die sie zum ersten Mal treffen. In den Medien wird sie immer wieder als „Sprayer-Oma“ bezeichnet, doch Irmala hat keine Kinder und somit auch keine Enkel.

Und doch schart Irmela gerne Kinder und Jugendliche um sich, zum Beispiel, wenn sie an Schulen einen ihrer Workshops „Mit bunten Farben gegen braune Parolen“ anbietet. Hier lernen Kinder auf künstlerische Weise, wie sie widerlichste Hassbotschaften aus ihrem Leben verschwinden lassen.

Das Entfernen von rassistischen und rechtsradikalen Inhalten im öffentlichen Raum ist für Irmela zur Lebensaufgabe geworden. Oftmals sucht sie gezielt Orte auf, an denen sie kurz zuvor menschenverachtende Schmierereien – rechtlich gesehen, rassistische Straftaten – entdeckt hat. Seit Jahren entfernt sie Aufkleber von DVU, NPD, AfD, der Identitären Bewegung, des Dritten Weges (III.) und ähnlichen Gruppierungen. Und immer wieder auch Aufrufe zum „Nationalen Widerstand“.

Früher setzte sie sich nach Feierabend oder am Wochenende in den Bus oder die Bahn, doch seit sie Rentnerin ist, ist sie bis zu viermal pro Woche unterwegs. „Ausländer raus“, „Rudolf Heß lebt“ oder ganz widerwärtige Aussagen wie „Ausländer rein in die Gaskammer“: Irmela weigert sich, diesen „geistigen Dreck“, wie sie ihn nennt, im Straßenbild zu belassen: „Die Urheber des gesprühten Hassdenkens sind gewiss nicht die Stärksten der Gesellschaft. Sie sind zumeist manipulierbar und daher beeinflusst von den geistigen Brandstiftern, die in der Politik, ja der Regierung und auch den Bildungseinrichtungen nationalsozialistisches Gedankengut verbreiten.“

Der Hass hat sich nicht verändert, sagt sie. Allerdings verpacken die Faschisten der Neuzeit ihre Botschaften „bürgerlicher“ und mit mehr Deutungsspielraum. Es gleicht einem Katz-und-Maus-Spiel mit den Verfassungsschützern. Der Staat scheint hilflos, zumindest im öffentlichen Raum. Zahlreiche Hassbotschaften prägen die Stadtbilder meist über Jahre. Irmelas Archiv dokumentiert das eindrucksvoll. Es zeigt Bilder eines wiedervereinten Deutschlands, in dem Rassismus, Antisemitismus und rechter Hass so alltäglich sind. „Ihre Ordner sind auch die Chronik ihres persönlichen Kampfes, der sie seit Jahrzehnten durch ein Land führt, in dem die einen Hakenkreuze an Wände sprühen und die meisten anderen daran achtlos vorbeilaufen.“, schrieb es der SPIEGEL.

„Wer von Asylflut redet, hat Ebbe im Gehirn“. Irmela Mensah-Schramm nutzt jede Möglichkeit, sich mitzuteilen. Die Angst vor Übergriffen ist dabei ständiger Begleiter. Widerstand in der Gegenwart: Irmela Mensah-Schramm Irmela ist schon längst keine Unbekannte mehr. Auf ihren Reisen wird sie von vielen Menschen erkannt. Sie erhält Zuspruch, wird auf Selfies verewigt und dabei immer wieder ermutigt, weiterzumachen.

Doch es gibt sie, die Schattenseiten. Dann wird Irmela beschimpft, bedroht oder angezeigt. Zuletzt von einem AfD-Kandidaten, den sie am Rande einer Veranstaltung angeblich beleidigt haben soll. Schlappe 600 Euro sollte sie zahlen. Natürlich hat Irmela Widerspruch eingelegt – und gewonnen. Ihr Freispruch wurde im Internet tausendfach gefeiert.

„Zivilcourage darf nicht bestraft, sondern sollte belohnt werden!“, schrieb es Gerhard Rahn, Irmelas Verteidiger, nach der Urteilsverkündung auf Facebook.

Das sieht man allerdings nicht überall so. Vor allem den deutschen Ordnungsbehörden geht Irmelas Engagement zu weit.

Erst im Oktober 2019 wurde sie vom Amtsgericht Eisenach wegen Sachbeschädigung verurteilt: Sie hatte es tatsächlich gewagt, den Schriftzug „Nazi Kiez“ an einer Hauswand mit einem großen roten Herz zu übersprühen. Unfassbar. Als wäre die Sache nicht ohnehin schon beschädigt gewesen.

Es sind diese und ähnliche Anekdoten, die Irmelas Zuhörer*innen meistens fassungslos zurücklassen. Wie kann das sein? Wie kann die deutsche Justiz auf dem rechten Auge blind sein, sich aber gleichzeitig an einer älteren Dame abarbeiten, die unserer Gesellschaft mit ihren „Korrekturen“ tatsächlich einen großen Dienst erweist? Eine ältere Frau, die nicht mehr und nicht weniger tut, als Hassbotschaften aus unserem Alltag zu entfernen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass Irmela Mensah-Schramm im Namen des Deutschen Volkes verklagt wird, während rechte Schläger und Mörder teilweise mit geringen Strafen davon kommen. Es ist nicht zu begreifen, dass Irmela Mensah- Schramm als Intensivtäterin gilt, während zur gleichen Zeit Parteien des Landes um ihre Gunst buhlen, sie auf Veranstaltungen einladen, ihr Preise verleihen und sich mit ihr für die Presse ablichten lassen.

Ein Fazit will Irmela nach all den Jahren des aktiven Widerstands nicht ziehen. Es gebe kein Fazit, sagt sie. Außer, dass es eben nie ende. Vielleicht erinnern sich die Menschen irgendwann einmal: „Da war mal eine Frau, die hat gegen die Nazis gekämpft.“

Am 9. Mai hätte Sophie Scholl (1921-1943), die wohl bekannteste Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus und wichtige Symbolfigur für Zivilcourage und politisches Engagement im Hitlerdeutschland, ihren 100. Geburtstag gefeiert.

Anlässlich dieses Ehrentages sollten unter dem Motto „Zum 100. Geburtstag von Sophie Scholl – MV diskutiert über Widerstand“ Veranstaltungen an verschiedenen Orten in Mecklenburg-Vorpommern stattfinden. Aufgrund von coronabedingten Kontaktbeschränkungen mussten die Termine aber zunächst verschoben werden.

Lediglich die Auftaktveranstaltung – die Eröffnung der Ausstellung „Hass vernichtet!“ von und mit Irmela Mensah-Schramm – fand wie geplant am 1. Mai 2021, wenn auch ohne Publikum, statt.

Die letzte Hoffnung der Veranstalter, die Ausstellung am Pfingstwochenende zumindest im Rahmen von „KunstOffen 2021“ öffentlich zeigen zu können, erfüllte sich nicht, denn auch die Kunstaktion wurde aufgrund aktueller Kontaktbeschränkungen landesweit abgesagt.

Da mit den Beschränkungen seit Monaten zu rechnen war, wurden mit Irmela während ihres Besuches Interviews geführt, Fotos gemacht, Videos rund um die Ausstellungseröffnung gedreht und sogar ein belgisches TV-Team auf dem Projekthof empfangen. Die so entstandenen Inhalte sollen in den nächsten Wochen online zugänglich gemacht werden.

Die Veranstaltungsreihe „Zum 100. Geburtstag von Sophie Scholl – MV diskutiert über Widerstand“ ist eine Kooperation zwischen dem Peter-Weiss-Haus und acht weiteren Institutionen und Vereinen.

Sind das die Reste von Normalität?

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Das kommt manchmal vor. Aus irgendwelchen Gründen kommt man in irgendeinen Topf, aus dem dann Preisträger gezogen werden. Natürlich freut man sich besonders dann, wenn der Preis eine Sache lobt, die man auch wirklich gut gemacht hat, die einen Sinn hat und Wirkungen.

Das ist uns gerade passiert. Wir bekamen den Courage-Preis der Landesfraktion die Linke in MV überreicht.

Die Auszeichnungszeremonie ist eine Sache für sich, denn man steht mit Abstand und Anstand herum, muss Dinge über sich erfahren, über die man ersteinmal nachdenken muss, Blumen gibt es und ein Bild und schließlich die alternativlose Aufstellung zum Foto. – Diese Zeremonie könnte erneuert werden.

Irgend etwas stimmt nicht – ging mir durch den Kopf. Hier in der Mecklenburgischen Schweiz gibt es doch reichlich Menschen, Projekte, Unternehmungen, die zu dem beitragen, was so allgemein Zusammenhalt und Kultur genannt wird. Letztlich sind es sie, die den Kit dafür liefern, dass wir uns nicht aus den Augen verlieren. Dass Dörfer Gemeinschaften bleiben und so maches Problem nachbarschaftlich, Schulter an Schulter gewuppt wird; dass „Kunst zu“ und die Kapelle mit Kunst in Remplin z.B. Trefforte sind anstelle der verlassenen und vergessenen Orte, die früher in den Städten Kulturhäuser genannt wurden. Ich weiss, das ist nicht einfach miteinander zu vergleichen.

Worauf ich hinaus will? Schon immer waren Landstriche dann spannend und anziehend, wenn sich gute Arbeit und Solidarität miteinander mit Kulturen der Feste und Künste verbanden. Da konnte schon mal ein Sturm der Veränderung kommen, der Landstrich blieb spannend. Allen in solchen Regionen war das klar! Und dass das klar war, zeigte sich in der Wertschätzung und im Gebrauch und Anspruchnahme dieser „selbstverständlichen Lebensmittel“.

Da, jetzt hab ich es, was da irgendwie nicht stimmt: Unsere eigene Umgangsweise, dann die Art der Verwaltung, die politischen Themen, die wissenschaftlichen Untersuchungen, die öffentlichen Medien haben einen blinden Fleck im Auge wenn es um „selbstverständliche Lebensmittel“ geht – ab und an entdecken wir und sie „Exoten“.

Sind das die Reste von Normalität?